Frank Brunners Kochbuchliste
Die Zeiten, da die Hausfrau und Mutter allein am Herd steht, sind - zumindest gesamtgesellschaftlich- betrachtet, vorbei. Heutzutage wird nicht mehr (nur) gekocht, um die Familie zu verköstigen. Kochen und Essen werden zelebriert, ob im Freundeskreis oder um den oder die Liebste(n) zu verwöhnen: Auch Kreativität kann durch den Magen gehen.
Diese Entwicklung spiegelt der Buchmarkt wider - 20 Prozent aller verkauften Sachbücher im vergangenen Jahr waren Kochbücher.
Doch nicht alle sind von gleicher Qualität. Deshalb hat "FIGARO am Mittag" den Kochbuch-Spezialisten und Hobbykoch Frank Brunner gebeten, die Neuerscheinungen auf dem Kochbuchmarkt kurz einzuschätzen.
Natürlich sind alle Bücher verschenkbar, diese drei aber besonders:
Thomas Naumann:
Kleine Pfefferkuchen-Bäckerei
Verlag für die Frau, 128 S., Minibuch, 5,- EUR
Tante Elfriede bäckt wunderbare Weihnachtsplätzchen, aber der schwierige Lebkuchen will ihr nicht gelingen. Das wird jetzt anders.
Klaus Wilhelm Gérard:
Die Geheimnisse des Trüffelsuchers
Piper Verlag, 238 S., illustriert, 17,90 EUR
Der einzige lizensierte deutsche Trüffelsucher erzählt von Trüffelköchen, Trüffelfälschern, Trüffelschweinen und der erotisierenden Eigenschaft des Pilzes.
Ben Schott:
Schotts Sammelsurium: Essen und Trinken
Verlag Bloomsbury Berlin, 160 S., 16,- EUR
Wir wissen, Engländer sind skurril. Diesem Vorurteil macht Schott alle Ehre. Ein Spaß!
Wir gratulieren den Verlagen zum 250. Geburtstag Mozarts und zum 150. Todestag Heinrich Heines. Zwei aus der Bücherflut:
Eva Gesine Baur:
Zu Gast bei Mozart
Collection Rolf Heyne, 240 S., Großformat, 39,- EUR
Der Bildband ist opulent, die Autorin war bienenfleißig. Aber eine Historikerin, die sich mit Essen und Trinken beschäftigt, sollte sich auch in den Tischsitten der Zeit auskennen. Und: Woher stammen die Rezepte? Weder Zeitgenossenschaft noch Herkunft scheinen verbürgt.
Jan-Christoph Hauschild (Hrsg.):
Essen und Trinken mit Heinrich Heine
Deutscher Taschenbuchverlag, 144 S., bebildert, 15,- EUR
Leider sind nur neun Heine dedizierte Rezepte des Düsseldorfer Drei-Sterne-Kochs Jean-Claude Bourgueil liebevoll eingestreut in die glänzende, am Vergnügen des lesenden Gourmets orientierte Auswahl der frechen Heine-Texte.
Voll im Trend: Das Kameraauge isst mit...
Gérard Depardieu:
Mein Kochbuch
Verlag Zabert Sandmann, 208 S., Großformat, 19,90 EUR
Depardieu als Koch in einer seiner hervorragendsten Rollen. Das positive Beispiel: Da stand kein Marketing-Fuzzi Pate und kein Ghostwriter zwischen ihm und seinen Töpfen. Alles wirkt authentisch. Wir lernen, daß die große Raffinesse der französischen Küche zuallererst in ihrer großen Einfachheit besteht. So will ich kochen können.
Gudrun Landgrebe:
Vom Aufgabeln und Anbeißen
Rezepte und Geschichten
List Verlag, 128 S., Großformat, 19,95 EUR
Das negative Beispiel: Ihre Geschichten sind so uncharmant, ja furztrocken heruntererzählt, daß man kaum noch Lust auf die Rezepte verspürt.
Johannes B. Kerner:
Kerners Köche
Die besten Rezepte aus der TV-Show
Verlag Zabert Sandmann, 160 S., Großformat, 19,95 EUR
Ja, da wird stets gelacht, gemacht, herumgewuselt, Laienspieler Kerner mittenmang. Aber erinnern Sie sich denn überhaupt an ein einziges Rezept, das Sie wirklich gern nachgekocht hätten?
Tim Mälzer:
Born to cook 2
Goldmann Verlag, 176 S., Großformat, 19.90 EUR
Schlimm, wie dieser Jamie-Oliver-Imitator täglich auf Vox durch seine halbstündige (inklusive Werbung!) Kochshow hetzt. Aber die Bedeutung des Eventkochers besteht darin, daß er die Partygeneration an den Herd lockt und die Dosen der biederen Hausfrau mit den Edelprodukten der feinen Küche versöhnt. Dafür brauchen wir ihn: er nimmt Schwellenängste (und das erklärt vielleicht seinen Riesenerfolg).
Gegen den Trend: das Teutonische
Wolfram Siebeck:
Deutsche Klassiker
10 Spitzenköche zu Gast
Hölker Verlag, 109 S., Großformat, 19,95 EUR
Spannende Idee: Zehn herausragende Köche nehmen sich der nach einer Zeit-Umfrage beliebtesten Speisen der Deutschen an und kreieren damit je ein Menü: Roulade, Spiegeleier, Grünkohl... Spannende Ergebnisse!
Dauertrend: das Italienische
Gregor Schäfer:
antipasti
Die 80 beliebtesten italienischen Vorspeisen
Hölker Verlag, 92 S., bebildert, 14,95 EUR
Ich werde mit dem panierten Mozarella beginnen.
Martina Meuth/ Bernd Neuner-Duttenhofer:
Andrea Camillieris Sizilianische Küche
Die kulinarischen Leidenschaften des Commissario Montalbano
Lübbe Verlag, 256 S., Großformat, 24,90 EUR
Spannend waren nicht nur die Fälle, die der Commissario auf Sizilien zu lösen hatte, spannend klang auch, was er nach der Arbeit so seinem Kühlschrank entnahm oder im Restaurant bestellte. Der Leser bekam Appetit auf mehr. In den ersten Krimis waren ja noch die Rezepte im Anhang abgedruckt, aber dann wurde der Autor nachlässiger. Dem hat das Autorenduo nun abgeholfen. Entstanden ist ein atmosphärisch dichter Reiseführer, der alle jene Restaurants besucht hat und beschreibt, in denen Montalbano gegessen haben könnte, und ein mordsmäßig gutes Kochbuch. Sehr fischlastig. Aber Sizilien soll ja eine Insel sein...
Pellegrino Artusi:
Die klassische Kochkunst Italiens
Von der Wissenschaft des Kochens und der Kunst des Genießens
Kosmos Verlag, 303 S., Lexikonformat, 19.95 EUR
114 Jahre hat dieses Standartwerk bereits auf dem Buckel, jetzt wurde es wieder neu aufgelegt, bearbeitet nach modernen ernährungswissenschaftlichen Erkenntnissen. Das hat dem auch "Der große Artusi" genannten leider etwas viel von seinem kulturhistorischen Charme geraubt. Mit Patina wars schöner.
Noch zwei Standardwerke:
Bettina Meuth/ Bernd Neuner-Duttenhofer:
Der große Meuth Neuner-Duttenhofer
Die 900 besten internationalen Rezepte aus unserer Kochwerkstatt
Collection Rolf Heyne, 898 S., Lexikonformat, 35,- EUR
Ich koche seit 1997 damit, eines meiner Lieblinge, damals hieß es noch schlicht "Unser Kochbuch". Nun liegt es wieder vor, wesentlich erweitert und verbessert. Es verzichtet auf Bilder und lebt ausschließlich von der Verständlichkeit und Genauigkeit der Umsetzungsbeschreibungen seiner Rezepte. Das macht es so groß- und einzigartig.
Dickhaut/ Sälzer/ Jankovic:
Kochen!
Das Gelbe von GU
Verlag Gräfe und Unzer, 624 S., Telefonbuchformat, 12,95 EUR
Natürlich behauptet die Werbung, daß man die 1295 Rezepte wirklich braucht. Naja, nicht unbedingt alle. Aber wäre es fest gebunden und, was bei dem niedrigen Preis anders sicherlich nicht zu machen war, nicht als Paperback erschienen, gehörte dieses Kochbuch gewiß in die Kategorie jener, die Mütter einst so gern an ihre Töchter weitergereicht haben.
Wichtig auch:
Notter/ Rosenblatt/ Meyer/ Zogbaum:
Das Große Buch der Hundert Gewürze und Kräuter
Walter Hädecke Verlag, 224 S., Großformat, 49,90 EUR
Bettina Matthaei:
Würzen
Verlag Gräfe und Unzer, 216 S., Großformat, 24,90 EUR
Beide Bücher sind gleichzeitig erschienen, beide wurden in diesem Jahr prämiert. Sie machen sich keine Konkurrenz, sie ergänzen sich vielmehr ausgesprochen gut. Der Notter ist eher lexikalisch, bildet alle Gewürze und Kräuter ab, nennt Herkunft usw. und versucht, ihren Geschmack für uns zu beschreiben. Matthaei ist anwendungsbetonter, hält es also stärker mit dem Kochen und kümmert sich auch um Gewürzmischungen. Beide sind Basisbücher für die Küche, wenn man mehr will als bloß pfeffern und salzen.
(erschienen am 23. November bei MDR-Figaro)
Diese Entwicklung spiegelt der Buchmarkt wider - 20 Prozent aller verkauften Sachbücher im vergangenen Jahr waren Kochbücher.
Doch nicht alle sind von gleicher Qualität. Deshalb hat "FIGARO am Mittag" den Kochbuch-Spezialisten und Hobbykoch Frank Brunner gebeten, die Neuerscheinungen auf dem Kochbuchmarkt kurz einzuschätzen.
Natürlich sind alle Bücher verschenkbar, diese drei aber besonders:
Thomas Naumann:
Kleine Pfefferkuchen-Bäckerei
Verlag für die Frau, 128 S., Minibuch, 5,- EUR
Tante Elfriede bäckt wunderbare Weihnachtsplätzchen, aber der schwierige Lebkuchen will ihr nicht gelingen. Das wird jetzt anders.
Klaus Wilhelm Gérard:
Die Geheimnisse des Trüffelsuchers
Piper Verlag, 238 S., illustriert, 17,90 EUR
Der einzige lizensierte deutsche Trüffelsucher erzählt von Trüffelköchen, Trüffelfälschern, Trüffelschweinen und der erotisierenden Eigenschaft des Pilzes.
Ben Schott:
Schotts Sammelsurium: Essen und Trinken
Verlag Bloomsbury Berlin, 160 S., 16,- EUR
Wir wissen, Engländer sind skurril. Diesem Vorurteil macht Schott alle Ehre. Ein Spaß!
Wir gratulieren den Verlagen zum 250. Geburtstag Mozarts und zum 150. Todestag Heinrich Heines. Zwei aus der Bücherflut:
Eva Gesine Baur:
Zu Gast bei Mozart
Collection Rolf Heyne, 240 S., Großformat, 39,- EUR
Der Bildband ist opulent, die Autorin war bienenfleißig. Aber eine Historikerin, die sich mit Essen und Trinken beschäftigt, sollte sich auch in den Tischsitten der Zeit auskennen. Und: Woher stammen die Rezepte? Weder Zeitgenossenschaft noch Herkunft scheinen verbürgt.
Jan-Christoph Hauschild (Hrsg.):
Essen und Trinken mit Heinrich Heine
Deutscher Taschenbuchverlag, 144 S., bebildert, 15,- EUR
Leider sind nur neun Heine dedizierte Rezepte des Düsseldorfer Drei-Sterne-Kochs Jean-Claude Bourgueil liebevoll eingestreut in die glänzende, am Vergnügen des lesenden Gourmets orientierte Auswahl der frechen Heine-Texte.
Voll im Trend: Das Kameraauge isst mit...
Gérard Depardieu:
Mein Kochbuch
Verlag Zabert Sandmann, 208 S., Großformat, 19,90 EUR
Depardieu als Koch in einer seiner hervorragendsten Rollen. Das positive Beispiel: Da stand kein Marketing-Fuzzi Pate und kein Ghostwriter zwischen ihm und seinen Töpfen. Alles wirkt authentisch. Wir lernen, daß die große Raffinesse der französischen Küche zuallererst in ihrer großen Einfachheit besteht. So will ich kochen können.
Gudrun Landgrebe:
Vom Aufgabeln und Anbeißen
Rezepte und Geschichten
List Verlag, 128 S., Großformat, 19,95 EUR
Das negative Beispiel: Ihre Geschichten sind so uncharmant, ja furztrocken heruntererzählt, daß man kaum noch Lust auf die Rezepte verspürt.
Johannes B. Kerner:
Kerners Köche
Die besten Rezepte aus der TV-Show
Verlag Zabert Sandmann, 160 S., Großformat, 19,95 EUR
Ja, da wird stets gelacht, gemacht, herumgewuselt, Laienspieler Kerner mittenmang. Aber erinnern Sie sich denn überhaupt an ein einziges Rezept, das Sie wirklich gern nachgekocht hätten?
Tim Mälzer:
Born to cook 2
Goldmann Verlag, 176 S., Großformat, 19.90 EUR
Schlimm, wie dieser Jamie-Oliver-Imitator täglich auf Vox durch seine halbstündige (inklusive Werbung!) Kochshow hetzt. Aber die Bedeutung des Eventkochers besteht darin, daß er die Partygeneration an den Herd lockt und die Dosen der biederen Hausfrau mit den Edelprodukten der feinen Küche versöhnt. Dafür brauchen wir ihn: er nimmt Schwellenängste (und das erklärt vielleicht seinen Riesenerfolg).
Gegen den Trend: das Teutonische
Wolfram Siebeck:
Deutsche Klassiker
10 Spitzenköche zu Gast
Hölker Verlag, 109 S., Großformat, 19,95 EUR
Spannende Idee: Zehn herausragende Köche nehmen sich der nach einer Zeit-Umfrage beliebtesten Speisen der Deutschen an und kreieren damit je ein Menü: Roulade, Spiegeleier, Grünkohl... Spannende Ergebnisse!
Dauertrend: das Italienische
Gregor Schäfer:
antipasti
Die 80 beliebtesten italienischen Vorspeisen
Hölker Verlag, 92 S., bebildert, 14,95 EUR
Ich werde mit dem panierten Mozarella beginnen.
Martina Meuth/ Bernd Neuner-Duttenhofer:
Andrea Camillieris Sizilianische Küche
Die kulinarischen Leidenschaften des Commissario Montalbano
Lübbe Verlag, 256 S., Großformat, 24,90 EUR
Spannend waren nicht nur die Fälle, die der Commissario auf Sizilien zu lösen hatte, spannend klang auch, was er nach der Arbeit so seinem Kühlschrank entnahm oder im Restaurant bestellte. Der Leser bekam Appetit auf mehr. In den ersten Krimis waren ja noch die Rezepte im Anhang abgedruckt, aber dann wurde der Autor nachlässiger. Dem hat das Autorenduo nun abgeholfen. Entstanden ist ein atmosphärisch dichter Reiseführer, der alle jene Restaurants besucht hat und beschreibt, in denen Montalbano gegessen haben könnte, und ein mordsmäßig gutes Kochbuch. Sehr fischlastig. Aber Sizilien soll ja eine Insel sein...
Pellegrino Artusi:
Die klassische Kochkunst Italiens
Von der Wissenschaft des Kochens und der Kunst des Genießens
Kosmos Verlag, 303 S., Lexikonformat, 19.95 EUR
114 Jahre hat dieses Standartwerk bereits auf dem Buckel, jetzt wurde es wieder neu aufgelegt, bearbeitet nach modernen ernährungswissenschaftlichen Erkenntnissen. Das hat dem auch "Der große Artusi" genannten leider etwas viel von seinem kulturhistorischen Charme geraubt. Mit Patina wars schöner.
Noch zwei Standardwerke:
Bettina Meuth/ Bernd Neuner-Duttenhofer:
Der große Meuth Neuner-Duttenhofer
Die 900 besten internationalen Rezepte aus unserer Kochwerkstatt
Collection Rolf Heyne, 898 S., Lexikonformat, 35,- EUR
Ich koche seit 1997 damit, eines meiner Lieblinge, damals hieß es noch schlicht "Unser Kochbuch". Nun liegt es wieder vor, wesentlich erweitert und verbessert. Es verzichtet auf Bilder und lebt ausschließlich von der Verständlichkeit und Genauigkeit der Umsetzungsbeschreibungen seiner Rezepte. Das macht es so groß- und einzigartig.
Dickhaut/ Sälzer/ Jankovic:
Kochen!
Das Gelbe von GU
Verlag Gräfe und Unzer, 624 S., Telefonbuchformat, 12,95 EUR
Natürlich behauptet die Werbung, daß man die 1295 Rezepte wirklich braucht. Naja, nicht unbedingt alle. Aber wäre es fest gebunden und, was bei dem niedrigen Preis anders sicherlich nicht zu machen war, nicht als Paperback erschienen, gehörte dieses Kochbuch gewiß in die Kategorie jener, die Mütter einst so gern an ihre Töchter weitergereicht haben.
Wichtig auch:
Notter/ Rosenblatt/ Meyer/ Zogbaum:
Das Große Buch der Hundert Gewürze und Kräuter
Walter Hädecke Verlag, 224 S., Großformat, 49,90 EUR
Bettina Matthaei:
Würzen
Verlag Gräfe und Unzer, 216 S., Großformat, 24,90 EUR
Beide Bücher sind gleichzeitig erschienen, beide wurden in diesem Jahr prämiert. Sie machen sich keine Konkurrenz, sie ergänzen sich vielmehr ausgesprochen gut. Der Notter ist eher lexikalisch, bildet alle Gewürze und Kräuter ab, nennt Herkunft usw. und versucht, ihren Geschmack für uns zu beschreiben. Matthaei ist anwendungsbetonter, hält es also stärker mit dem Kochen und kümmert sich auch um Gewürzmischungen. Beide sind Basisbücher für die Küche, wenn man mehr will als bloß pfeffern und salzen.
(erschienen am 23. November bei MDR-Figaro)
kochinstitut - 20. Jan, 11:16